Die Nationalmannschaft nach dem 17:20 gegen die Schweiz Achter in der EM – Kapitän Schröder geht von Bord – Frankreich triumphiert
Von Claus-Peter Bach
Heidelberg. Frankreich hat das 131. Sechs-Nationen-Turnier der führenden europäischen Rugby-Teams gewonnen, das bis 2000 mit fünf und zeitweise mit vier Nationalmannschaften ausgetragen wurde. Nachdem England am frühen Samstagabend mit 68:14 in Cardiff gegen Wales gewonnen und 20 Punkte im Gesamtklassement erobert hatte, war klar, dass die „XV de France“ am späten Abend im Stade de France gegen Schottland mit einem offensiven Bonuspunkt würde gewinnen müssen, um mit 21 Zählern alleiniger Turniersieger zu werden.
Also besiegte die Mannschaft von Manager Fabien Galthié, die ohne ihren Kapitän Antoine Dupont von Stade Toulousain auskommen musste, die stark spielenden Schotten mit 35:16 Punkten und legten dabei durch Innendreiviertel Yoram Moefana (17. und 61. Minute), Supersprinter Louis Bielle-Biarrey (42./beide Bordeaux-Bègles) und Schlussmann Thomas Ramos (56./Toulouse) die für einen Bonuspunkt notwendigen vier Versuche, mit denen sie die Franzosen unter den 81.338 Fans im Stadion verzückten. Olympiasieger Dupont, der als bester Rugbyspieler der Welt gilt, humpelte nach einem gegen den entthronten Titelverteidiger Irland erlittenen Kreuzbankriss auf Krücken ins Stadion, vergoss aber Freudentränen, als er die Six-Nations-Trophäe als Erster in den Nachthimmel von St. Denis recken durfte. Die Siegermannschaft weiß, was sie ihrem Kapitän verdankt.
Beim Sechs-Nationen-Turnier geht es um mehrere Pokale. Der Calcutta-Cup kehrte nach einem 16:15-Sieg über Schottland zu den Engländern zurück. Irland wurde nach Siegen über England (27:22), Schottland und Wales britischer Meister und Träger der Triple Crown, Frankreich eroberte durch ein 73:24 in Italien die Garibaldi-Trophäe, während sich das nun seit 14 Länderspielen sieglose Wales mit dem Holzlöffel abfinden muss. Mit diesem Küchenutensil nahmen Selbstmörder im Mittelalter das Gift ein, um ihrem Elend ein Ende zu setzen…
Einen Holzlöffel hätte auch die deutsche Nationalmannschaft verdient, die am Samstag in Heidelberg dem Aufsteiger Schweiz mit 17:20 unterlag und damit alle fünf Spiele in der Europameisterschaft 2025 verloren hat. Welch ein Glück, dass es 2026 eine Rückrunde gibt, um den drohenden Abstieg in die EM-Division 2 zu verhindern. Es winken Heimspiele gegen den Dritten Rumänien (21:7 gegen Portugal), gegen den Vierten Portugal und ein Auswärtsspiel beim Füften Belgien, das sich mit einem 31:10-Erfolg in den Niederlanden die Chance auf die erstmalige Qualifikation zur WM 2027 in Australien erhalten hat. Gegen die Belgier hat Deutschland in Kassel mit 19:39 verloren. Die künftigen Gegner kennt Nationaltrainer Mark Kuhlmann (Heilbronn) also. Er sagt: „Sie werden nicht schlechter werden.“
Das eklatante Scheitern der deutschen Mannschaft, die nicht zwei Spiele in Folge in gleicher Formation antreten konnte und aus einer zu langen Winterpause heraus kalt in die EM gestartet war, muss Konsequenzen haben. Kapitän Jörn Schröder (32) nach seinem 52. Länderspiel und Markus Bachofer (35, beide Heidelberger Ruderklub) haben am Samstag ihre internationale Laufbahn beendet. Ob die Trainer Mark Kuhlmann, Lars Eckert und Michael Poppmeier weiter die Verantwortung tragen möchten, wird davon abhängen, ob die neue Führung des Verbandes Rugby Deutschland bereit ist, mit ihnen zusammen ein Erfolgskonzept zu entwickeln. „Ich bin es gewohnt, Aufgaben zu vollenden“, sagt Cheftrainer Kuhlmann, aber eine aufwändigere Vorbereitung, mehr internationalen Wettbewerb, eine intensivere Schulung junger Spieler und eine effektive Hilfe bei der Organisation der Nationalmannschaft seien schon dringend nötig. „Ich bin Trainer und stehe wie meine Kollegen voll im Beruf. Es kann nicht sein, dass wir uns auch um die Reservierung von Jugendherbergsbetten und die Bestellung von Reisebussen kümmern müssen“, erwartet Kuhlmann mehr Unterstützung von den Funktionären.
Auch von den Spielern erhofft der Trainer bessere Leistungen, die durch Fleiß im konditionellen Bereich am ehesten zu erreichen sind. In dieser Saison war die Mannschaft als Gefüge nicht fit genug für 80 Minuten Rugby, zumal ein Spiel, wenn es dem Schiedsrichter gefällt und die Sonne scheint, auch mal 90 Minuten dauern kann. Auch das Druck-Aushalten im Gedränge und das Gerade-Einwerfen des Balles in die Gasse kann man üben. Und noch etwas hat Trainer und Publikum stark verärgert: Auch Hochbegabte müssen sich an taktische Anordnungen halten. Mit Straftritten vor des Gegners Goal muss man drei Punkte gewinnen und kann man Siege erringen. Das ist gar nicht so schwer.
Aufstellung Rugby Deutschland:
1 Jörn Schröder (72. Dustin Mizera) – 2 Andrew Reintges (77. Mathis Blume) – 3 Cosmo Zymvragos (68. Markus Bachofer) – 4 Hassan Rayan – 5 Luis Ball (21. Henning Brockmann) – 6 Justin Renc – 7 Shawn Ingle – 8 Nico Windemuth (68. Tim Frauenfeld) – 9 Michael McDonald (73. Jan Piosik) – 10 Christopher Hennig – 11 Felix Lammers – 12 Nikolai Klewinghaus – 13 Enrich Bülow – 14 Bastian van der Bosch (68. Edoardo Stella) – 15 Cameron McDonald