Die deutsche Rugby-Nationalmannschaft ist am grünen Tisch in die EM-Division 1 zurückgekehrt
Von Claus-Peter Bach
Heidelberg. Weil das experimentierfreudige Rugby Europe (RE) wieder einmal den Austragungsmodus der Männer-Europameisterschaft geändert hat und Russland suspendiert wurde, spielt die Auswahl von Rugby Deutschland (RD), wie sich der 1900 gegründete Deutsche Rugby-Verband neuerdings nennt, in der Doppelsaison 2023/24 wieder einmal in der Division 1 (= Championship) und möchte den Abstieg in die Division 2 (= Trophy) vermeiden.
Dieses Ziel verkündete Nationaltrainer Mark Kuhlmann (Heilbronn), nachdem er mit 35 Spielern in Heidelberg bereits das dritte intensive Vorbereitungs-Wochenende verbracht und festgestellt hatte: „Die Spieler sprühen vor Ehrgeiz.“
Nach dem Abstieg aus der Division 1 im Mai 2019 dümpelte das Nationalteam, das – weil das traditionelle Fünfzehnerrugby nicht olympisch ist – von der Sportförderung ausgenommen ist, ein wenig vor sich hin, und der Verband war mit dem Klassenverbleib in der Division 2 zufrieden. Der 53-jährige Kuhlmann, ein starker Nationalspieler und mehrfacher deutscher Meister des DRC Hannover und später Bundesliga-Trainer in Neuenheim, Neckarsulm und Handschuhsheim, und seine beiden Assistenten Kehoma Brenner (Sturm) und Lars Eckert (Dreiviertelreihe/beide Heidelberg) konnten in Gesprächen mit der RD-Führung erreichen, dass dem Team wieder Aufmerksamkeit gewidmet wird. Kuhlmann: „Wir machen in jedem Monat einen Lehrgang und trainieren ab Januar jeden Sonntag im Landesleistungszentrum Heidelberg.“
Damit ist sichergestellt, dass die „Schwarzen Adler“ seriös vorbereitet in die fünf EM-Spiele des Jahres 2023 gehen werden, die schwerer nicht sein könnten. Am 4. Februar spielt Deutschland, gegenwärtig auf Platz 31 der Weltrangliste, in Tiflis gegen Titelverteidiger Georgien (Rang 13), ehe am 12. Februar um 14.30 Uhr der Heidelberger Fritz-Grunebaum-Sportpark Schauplatz des Klassikers zwischen Deutschland und Spanien (16) sein wird (Tickets im Vorverkauf bei www.reservix.de). Die Gruppenspiele enden am 18. Februar im Stadion der Sportunion Neckarsulm gegen die Niederlande (29). Es folgen ein Überkreuz- und ein Platzierungsspiel. In der Staffel 2 sind Portugal (18), Rumänien (20), Belgien (26) und Polen (30) versammelt. Mark Kuhlmann ist Realist: „An einem guten Tag können wir die Niederlande schlagen und dann sicherlich auch Polen.“ Wer nach der Saison 2024 Achter und Letzter ist, muss absteigen. –> Rugby Europe Championship 2023
Mark Kuhlmann und seine beiden Kollegen konnten erreichen, dass der famose Zweite- und Dritte-Reihe-Stürmer Sebastian Ferreira, Deutschlands Kapitän bis 2019 und nun beim Nottingham RFC aktiv, ebenso ins Nationalteam zurückkehren wird, wie der beim deutschen Meister SC Frankfurt 1880 unter Vertrag stehende Spielmacher Raynor Parkinson. Neu sind der bei der British Army dienende und spielende Gedrängehalb und Schlussmann Michael McDonald, ein englischer U20-Nationalspieler mit deutscher Mutter, und der aus Australien kommende Dritte-Reihe-Stürmer Shawn Ingle von der Cambridge University – auch er mit mütterlichen Wurzeln in Deutschland. Kapitän ist und bleibt Erste-Reihe-Stürmer Jörn Schröder vom Heidelberger Ruderklub.
Bei den Weltranglistenspielen dieses Herbstes schuf Georgien mit einem 13:12-Sieg im Principality Stadium von Cardiff gegen Wales die größte Überraschung. Die Franzosen eroberten durch ein 30:29 gegen Australien, ein 30:26 gegen Südafrika und ein 35:17 gegen Japan Platz zwei der Weltrangliste und sind nun seit 13 Länderspielen siegreich – das ist als Vorbereitung auf die WM im eigenen Land nicht schlecht und macht Fabien Galthié zum erfolgreichsten Nationaltrainer in der Geschichte der Equipe Tricolore.
Portugal ist das 20. und letzte Team, das sich für die X. Rugby-Weltmeisterschaft qualifizieren konnte, die vom 8. September bis zum 28. Oktober 2023 in Frankreich stattfinden wird. Die Mannschaft des französischen Trainers Patrice Lagisquet (60), Vizeweltmeister 1987 und Außendreiviertel in Bègles, Bayonne und Biarritz, gewann das finale Qualifikationsturnier in Dubai mit 42:14 gegen Hongkong, 85:0 gegen Kenia und 16:16 gegen die USA aufgrund des deutlich besseren Spielpunktekontos vor den Amerikanern. Das WM-Eröffnungsspiel im Stade de France bestreiten Frankreich und Neuseeland.
Für die WM wurden vier Vorrundengruppen mit jeweils fünf Nationen ausgelost.
Gruppe A: Neuseeland (Rang 3), Frankreich (2), Italien (12), Uruguay (17), Namibia (21).
Gruppe B: Titelverteidiger Südafrika (4), Irland (1), Schottland (7), Tonga (15), Rumänien (20).
Gruppe C: Wales (9), Australien (6), Fidschi (14), Georgien (13), Portugal (18).
Gruppe D: England (5), Japan (10), Argentinien (8), Samoa (11), Chile (22).